Geier
2012
ausgedrucktes Foto an die Wand tapeziert, Stoffreste
Hier im Rahmen des Vortrags ‚back from‘ im Kunstverein Freiburg
Eine Beobachtung, die mich tief berührte.
Meine Reise durch China brachte mich auch in die Berge Sichuans. Dort nahmen mich drei buddhistische Nonnen mit zu einem täglichen Ritual eines Himmelbegräbnisses. Auf der kleinen Wanderung zum Hügel begegneten uns erst ein paar süße Murmeltiere. Je näher wir an den Ort kamen, desto mehr Geier nahmen wir wahr, die auf die 13 Uhr warteten. Die Uhrzeit des ’sky buriels‘. Es waren bestimmt 200 Geier!
Am Ort warteten schon mehre andere Menschen. Angehörige der drei Toten – heute ein Kind, eine Frau und ein Mann – aber auch andere Beobachtende wie mich, die aus Neugier und anderen persönlichen Gründen gekommen waren.
Bevor die Toten auf einem Motorrad aus dem Dorf gebracht wurden, hatten die Besucher die Möglichkeit, sich in die kleine Grube zu legen, in der die Verstorbenen für die Geier vorbereitet werden sollten. Meine Begleiterinnen ermutigen mich dazu, mich hineinzulegen und über den Tod zu meditieren, aber ich schaffte es nicht. Schon allein der Geruch und die vielen herumliegenden Stofffetzen verursachten Übelkeit.
Irgendwann wurden die Toten angeliefert. Dann kurz mit einer Axt angehackt. Zu dem Zeitpunkt waren die 200 Geier schon einen entscheidenden Schritt näher gekommen und ganz dicht an uns dran. Der Mann mit der Axt verließ den Raum und die Geier rannten an uns vorbei, stürzten sich auf die Toten, von denen nach 30 min nichts mehr zu sehen war. Nachdem ich meine Tränen in den Griff bekommen hatte, nahm ich die Kamera heraus und fotografierte, was noch zu sehen war: zufriedene Geier.
Es heißt, es sei die letzte gute Tat, die man mit dem eigenen Körper tun kann.